Die kontaktfreudige Dame

Samstag, 13:58 Uhr südafrikanischer Ortszeit

Mein Flug landet in Durban, aufgrund der Zeitumstellung habe ich nun zu Deutschland eine Differenz um plus eine Stunde.

iSithumba

Der Beginn meines Freiwilligendienstes. Hinter der Passkontrolle und der Gepäckausgabe am „King Shaka International Airport“ in Durban, wartete Susan auf mich. Susan ist meine Ansprechpartnerin in Sachen Organisation. Bei „Durban Green Corridors“ kümmert Sie sich um Freiwillige, Bildung & Aktivitäten im Bereich Gruppentourismus.

Seit über einer Stunde wartete sie auf mich, da mein Flug Verspätung hatte. Deshalb freute Sie sich umso mehr, mich aus der Tür kommen zu sehen, genauso wie ich mich freute Sie kennenzulernen und endlich in Durban zu sein.

Trotz meiner Müdigkeit nutzten wir die einstündige Fahrt nach „iSithumba“, um erste Interessen auszutauschen und neues voneinander zu lernen. Das traditionelle „Zulu“-Dorf liegt ländlich, etwa 50 Kilometer von Durban in Richtung Landesinnere.

Bei der Ankunft in Isithumba wurde ich herzlich von meiner Gastfamilie begrüßt. Beide Koffer wurden abgestellt und sofort kam ich in den Genuss von meiner ersten südafrikanischen Mahlzeit.

Das Dorf liegt im sogenannten „Tal der 1000 Hügel“, dementsprechend ist auch das Haus in eine Hanglage gebaut. Das Grundstück der Familie erstreckt sich über drei Ebenen, man kann es sich ähnlich wie auf Treppenstufen gebaut vorstellen. Ich wohne auf der obersten Stufe, gemeinsam mit „Tholah“ und „Mom“.

„Mom“ deswegen weil Sie sich um mich, wie auch um die anderen Freiwilligen, kümmert. Außerdem ist das einfacher zu merken als Ihr richtiger Name.

Eine Stufe darunter wohnt Amimi, er ist der Verantwortliche für beide Organisationen in denen ich als Freiwilliger tätig bin. Beide nutzen das Gelände, hier aufgrund der Lage und seiner Funktion Center genannt, als Hauptquartier. Gemeint sind die Organisation „Isithumba Adventures“ und das „ICDM“ – Isithumba Community Development Movement.

Die Freude mein Zimmer zu beziehen und erstmal die Ruhe zu genießen war groß, doch das Angebot mit auf eine Party der lokalen Fußballmannschaft zu kommen, konnte ich dennoch nicht ausschlagen.

BBQ und eine unüberschaubare Menge an alkoholischen Getränken - Heineken, Savanna, Mixed Up, um nur ein paar davon zu benennen - durften natürlich nicht fehlen.

Auch ich ließ es nicht aus einige Getränke zu probieren, doch die Müdigkeit siegte.
Für mich, ging es in Begleitung von „Napa“ schon früh zurück ins neue Zuhause.

Nächtliche Sicherheit

Nachts allein auf den Straßen umherzulaufen ist in Südafrika grundsätzlich nicht sicher. Das hat verschiedene Gründe. Zum einem herrscht in Südafrika relative Armut, einhergehend mit einer Arbeitslosenquote von etwa 32 Prozent. Beide Faktoren können das Sinken der Hemmschwelle hin zu kriminellen Überfällen begründen. Am Tag ist ein Überfall, oft zu offensichtlich und mit Risiko behaftet, doch in der Nacht ist das anders.

Auch Loadshedding [1], also das geplante Aussetzen von Elektrizität, sowie meine Hautfarbe können bei der Entscheidung mich auszurauben eine Rolle spielen.

All das sind Gründe, weshalb man es besser lassen sollte nachts allein durch die Straßen zu ziehen.

Meine Arbeit

Der Montag kam, am Vortag hatte ich mit „Amimi“ abgesprochen was zu tun ist. Amimi ist der Leiter des “ICDM” und von “Isithumba Travels”. Beide Organisationen bilden meinen Arbeitsplatz für die nächste Zeit. Das Gelände des ICDM, dient als Treffpunkt für die Jugendlichen nach der Schule und gelegentlich auch am Wochenende.

Das Gelände kann man sich folgendermaßen vorstellen:


Vormittags arbeite ich auf dem Gelände des Centers, von Gartenpflege bis zur Arbeit an der Online-Präsenz kann alles mit dabei sein. Meist bekomme ich jede Woche spezifische Aufgaben, die ich dann bis zum Ende der Woche erledige. Nachmittags, nachdem ich vom Mittagessen zurück zum Gelände gelaufen bin, warte ich dann gemeinsam mit Napa und Arved auf die ersten Kinder. Das dauert in Regel nicht lange und kurze Zeit später stehe ich dann an der Tischtennisplatte, spiele Fußball oder Karten.

Arved ist auch ein Freiwilliger der Organisation World Horizon. Er ist 23 Jahre alt und bis Anfang Dezember mit mir in Isithumba. Aufgrund verschiedener Umstände ging es für ihn – vergleichsweise spontan – auch nach Südafrika.

Spielend mit den Kindern dauert es nicht lange, bis der Körper erschöpft ist und danach bittet die Aktivität von Fußball auf Kartenspiel zu wechseln. Das spannende an der Arbeit und vor allem dem gegenseitigen Austausch mit den Kindern, ist das Lernen und die stetige Entwicklung. Man sieht sie nicht nur bei dem Kind, bei dem man nach 3 Wochen Tischtennis aufpassen muss, nicht zu verlieren, sondern ebenso bei sich Selbst.

Fast jedes Mal gehen wir vor den Kindern, da wir um sechs Uhr das Abendessen serviert bekommen. So geht fast jede Woche dahin, bis auf die ein oder andere ungeplante Aktivität.

Freizeit

In nur 4 Tagen Aufenthalt, bekam ich die Chance sehr viel neue Einblicke in den südafrikanischen Lebensstil und die Kultur zu bekommen. Der Donnerstagabend sorgte dann nochmal für den Einblick in eine neue Welt.

Nach getaner Arbeit und einem traditionellen Abendessen, lud uns Amimi ein mit in eine Taverne zu kommen. Mit seinem schwarzen Golf, einem Auto, das nicht das neuste und technisch sicherlich nicht einwandfrei war - zudem mehrere Sticker von St. Pauli trug - ,ging es auf die Piste. Auf dem Weg in das Nachbardorf sammelten wir noch einen Freund ein. Angekommen machten wir es uns mit den gekauften Getränken auf einer Mauer gemütlich.

Das Treiben der Minibusse und das Gelände sorgten erstmal für genug Gesprächsstoff, sodass Arved und ich, und später unsere Gruppe über die eine oder andere beobachtete Situation scherzten.

Kurze Zeit später sah ich im Augenwinkel eine gut angetrunkene Frau auf uns zu torkeln.
Nach einem formellen „Sawubona“ gefolgt von „I´m always naughty“ wurden wir begrüßt. Während ich über ihre Absichten rätselte, startete Amimi ein Gespräch auf Zulu. Das führte dann dazu dass sich die ungewohnte Situation entspannte und sich zu einem lockeren Gespräch wandelte.

Trotz dessen zeigte es, dass die kulturelle Sichtweise aus Deutschland hier nicht mehr passt. Die von mir, aufgrund ihrer Direktheit, als Prostituierte gehaltene Frau stellte sich als freundliche Dame auf der Suche nach dem ein oder anderen Getränk heraus.

Durban

Direkt am ersten Freitag bekam ich die Gelegenheit die große Stadt Durban zu erleben, da ich gemeinsam mit Arved auf eine Stadttour eingeladen wurde. Abgeholt um 9.00 Uhr ging es auf direktem Weg Richtung „Green Hub“. Das Green Hub ist das zentral am Fluß gelegene Büro der Organisation Green Corridors. Dort wurden wir mit der Arbeit der Organisation vertraut gemacht.

Anschließend ging es für uns über das „Moses Maphida Stadium“ mit dem Auto zum Victoria Street Market. Auf dem Weg nutzten wir die Gelegenheit Gerüche, Bilder und Erklärungen aufzusaugen, die uns der Stadtführer, welcher uns begleitete gab.

Nach spannenden Reizüberflutungen ging es zum Essen. Die Auswahl fiel auf das indische Gericht „Mutton Bunny Chow“. Es besteht aus einer Schüssel in Form eines Toastwürfels und ist gefüllt mit Fleisch und einer für mich fast zu scharfen Soße.

Der Abschluss des Tages bestand aus dem gemeinsamen Einkaufen und der darauffolgenden Rückfahrt. Nach dem Tag war ich zwar erschöpft, doch ist es mein bisheriges Highlight gewesen.


[1] Der staatliche Strom Konzern ist hochverschuldet und dass seit mehreren Jahren. Eine fehlende Infrastruktur und eine korrupte Unternehmensführung sind der Grund, dass die Bevölkerung mit Elektrizitätspausen umgehen muss.
Hier spricht man von „Loadshedding“, statt von geplanten Elektrizitätsausfällen. In wohlhabenden Gegenden können sich die Haushalte Generatoren leisten, um diese Zeiträume zu überbrücken, doch einfachen Leuten ist das finanziell nicht möglich. Auch die Industrie ist betroffen und muss regelmäßig auf eigene Generatoren-Strom zurückgreifen.

11.12.2023