Zeremonie

Auf geht´s in die zweite Woche. Die tägliche zu Fuß zurückgelegte Strecke beträgt in Summe etwa 4 Kilometer. Grund genug, um sich nach einer Alternative zum Fußmarsch umzuschauen.

Mobilität

Da „Isithumba“ in einer sehr ländlichen Gegend liegt, sind alle Einwohner ohne ein eigenes Auto auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Während der Apartheit (1) entwickelten die Unterdrückten eine eigene Infrastruktur – Minibusse. Sie sind überall in Südafrika zu finden und werden in großen Städten von „normalen“ Bussen ergänzt. In der Regel wartet man nicht länger als 15 Minuten auf ein passendes Minibus-Taxi.

Passend deshalb, da jedes Taxi in eine eigene Richtung fährt. Was in Deutschland mit eingebauten LED-Anzeigen gelöst wurde, wird hier mit Handzeichen kommuniziert.

Unter folgenden mir bekannten Handzeichen unterscheidet man:

1. Pinetown => In Richtung Himmel ausgestreckter Zeigefinger
2. Durban => Wellenbewegungen mit der Hand
3. Hillcrest => Kurvenbewegungen mit der Hand

Zudem gibt es hier auf jedem Taxi angebrachte Sticker, bei mir vor Ort ist darauf eine springende Gazelle und eine dreistellige Nummer abgebildet. Dadurch erkennt man in Städten wie Durban, welche Taxen die gewünschten Routen fahren.

Für uns jedoch ist eine Fahrt mit dem Minibus-Taxi, ohne einheimische Freunde, ziemlich gefährlich. Auch dies lässt sich auf die verbreitete Armut zurückführen. Zudem kommen die Kunden dieser Taxi´s meist aus der unteren Einkommensschicht. Einheimische mit eigenem Auto nutzen das Verkehrssystem der Busse eher selten.

Die Kosten sind im Vergleich zu deutschen Preisen sehr günstig. Eine 40 Kilometer lange Fahrt nach Durban kostet gerade einmal 2,50 Euro. Trotzdem das ein Minibus also sehr preiswert ist, so ist es für uns nicht das richtige Transportmittel innerhalb des Dorfes. Vor allem nicht für eine so kurze Strecke (2).

Neben dem Minibus-Taxi gibt es eine noch unkompliziertere Möglichkeit auf kurzen Strecken von A nach B zu kommen. Die Rede ist von sogenannten „Lifts“. Damit gemeint sind Fahrten auf überwiegend Pick-up-Trucks oder LKW´s.  Um zu signalisieren dass man mitfahren möchte, zeigt man, mit rotierendem Handgelenk, Daumen hoch.

Meist führt das dazu, dass die Fahrzeuge stoppen und man aufsteigen kann. Wenn nicht kommuniziert wurde, wie weit man mitfahren möchte, dann wird einige Meter vor dem Ziel auf das jeweilige Dach geklopft.
Das Beste und Schwäbischste daran ist, man zahlt nichts.

Auf unserem täglichen Fußweg zur Straße, laufen wir an einem „Local Shop“ vorbei. Er trägt den Namen „Istihumba General Dealer“ und liegt direkt unter dem Haus unserer Gastfamilie.

Local Shops

Der passendste Vergleich ist wahrscheinlich ein "Späti". Ein Local Shop ist sowohl ein Mini-Supermarkt als auch zugleich eine Bar. Man trifft sich dort, kauft benötigte Sachen, oder geht dann dorthin wenn das Mobile Krankenhaus zu Besuch ist.

Mindestens zweimal im Monat ist das Gelände Parkplatz für einen übergroßen Krankenwagen. Finanziert wird dieser von der Regierung. Da der Bedarf nach medizinischem Rat und Medikamenten groß ist, erfreut sich das System großer Beliebtheit. Von einfachen Behandlungen, über Diagnosen bis zu Medikamenten bleibt der Service kostenlos. Vor allem für Menschen gestiegenen Alters, oder in ihrer Mobilität beeinträchtigten Menschen, ist ein Arzt im mobilen Krankenhaus eine große Hilfe.

Da die Fahrt bis zur nächsten Stadt weit und mit Kosten verbunden ist, wird dieser Local Shop auch abgesehen davon gut genutzt. Doch natürlich ist der Besitzer nicht der Einzige, der die Branche für sich entdeckt hat. Es gibt nahezu nach jedem Kilometer einen solchen Shop.

Das Sortiment erstreckt sich von Softdrinks über alkoholische Getränke, bis zu Waschpulver und Konserven. In manchen Läden ist die Einrichtung auf einen Billiardtisch und kleine Spielautomaten erweitert. Sobald das der Fall ist spricht von einer Taverne.
Für viele Einwohner ist der Shop die Anlaufstelle für „Airtime“.

Mobilfunk

Wie auch in Deutschland gibt es hier verschieden Anbieter. Die verbreitetsten sind Vodacom, Telkom und MTN. Das System ist ähnlich, jedoch hat es den Unterschied dass die meisten Leute keinen festen Vertrag haben, sondern etwas ähnliches wie Prepaid nutzen. Hier heißt es „Airtime“. Kaufen kann man Airtime nahezu überall, auch in Local Shops. Mit dem gekauften Guthaben wählt man dann einen Tarif.

Sobald die Tariflaufzeit abgelaufen, oder das Datenvolumen, bzw. die Minuten aufgebraucht sind, wird man mit verlockenden Angeboten vom Anbieter aufgefordert erneut Airtime zu kaufen.

Ich jedoch habe mich für einen 12-Monats Vertrag entschieden, da ich dadurch eine Verlässlichkeit habe.

Kultur

Direkt zu Beginn meines Aufenthalts in meiner Gastfamilie, bekam ich die seltene Chance Einblick in eine familieninterne Zeremonie zu bekommen. Persönlich habe ich es so empfunden:

Schlechtes Wetter zieht auf, der Himmel ist von Blitzen erleuchtet. Es ist Freitagnacht.

Zunächst sitzen wir, bei einer für mich angespannten Stimmung, draußen vor dem Haus. In ihm soll nachher die Zeremonie stattfinden. Hinter uns grast eine Ziege angebunden an einem Baum, wie ich vermute Ihr letztes Mal. Nach einer Cola werde ich gebeten mit den anderen reinzukommen.

Mittig auf dem Boden liegen drei Messer, daneben eine Axt, bereit. Wir sitzen in einem runden Lehm-Haus mit Blechdach, das Fenster ist mit einem einfachen Geflecht aus Metall verhängt.

In der Mitte ein großer Holzpfosten, neben ihm brennt, in einem zum Teil mit Reis gefüllten Glas, eine Kerze.
Rechts und links von mir sitzen die anderen Männer und Jungen auf Stühlen. Die nachkommenden Frauen setzen sich auf Matten gegenüber. Im hinteren Bereich des runden Hauses, ist eine Wäscheleine gespannt. Über ihr hängen getrocknete Ziegenhäute.

Nachdem jeder seinen Platz eingenommen hat, wurde die erste Ziege an den Hörnern gehalten in den Raum gezerrt, nach ihr zwei weitere. Eine nach der anderen wurde nun in den hinteren Bereich des Raumes gebracht. Dort wurden sie, mit über glühender Kohle angebrannten Kräutern, den Rücken entlang eingerieben. Der Rauch, der dabei entstand, sorgte für eine mystische Stimmung.

Danach folgte der Prozess der Schlachtung. Nach der ersten Ziege entschied ich mich den Raum zu verlassen.

Ich persönlich sehe es als eine wertvolle Erfahrung, trotzdem war es für mich persönlich zu viel.

Aber warum eine Zeremonie? In der traditionellen Zulu-Kultur glaubt man, das Ahnen das Leben der Nachfahren beeinflussen. Um sich für das Abwenden von bösen Dingen zu bedanken, feiert man eine Zeremonie.

So besteht das Fest also nicht nur aus der Schlachtung, sondern die Tage darauf feiert man gemeinsam mit der Familie und engen Freunden. So tanzt man traditionelle Zulu-Tänze und singt gemeinsam. Während der Feierlichkeiten, sind Männer und Frauen streng getrennt. Auch Aufgaben sind genau verteilt.

Es wird abgesehen von den mir bekannten Getränken traditionelles Zulu Bier getrunken. Es wird eine Woche davor angesetzt und schmeckt nach saurem Most. Tatsächlich ist es aber ein Mais-Bier.
Die Stimmung ist das ganze Wochenende über ausgelassen, so bleibt nur wenig Zeit für ruhigen Schlaf.

(1) Apartheid: Als Apartheid wird das System der weißen Machthaber bezeichnet, die die schwarzen Einwohner Südafrikas in ihrem alltäglichen leben zu unterdrücken und zu diskriminieren. Zudem wurde versucht die Bevölkerung in Rassen zu trennen, daher der Begriff „apartness“.

(2) Zusatzinfo: Für jede Strecke innerhalb des Ortes, werden umgerechnet 0,75 Cent fällig. In der Woche läppert sich das Ganze dann auf 15.--Euro.

22.12.2023