Konsum

Ja, mittlerweile lebe ich seit zwei Monaten in Südafrika. Meine spezifischen Aufgaben variieren von Woche zu Woche, doch die Struktur eines Arbeitsalltags bleibt die gleiche.  Gelegentlich wird auch die Routine unterbrochen, wie z.B. durch Ausflüge in nahegelegene Städte. Doch auch iSithumba, das Dorf in dem ich lebe, wird nicht langweilig.

Festive Season

In Südafrika beginnt mit dem Dezember auch die „Festive Season". Nachdem die Kinder und Jugendlichen ihre Abschluss-Examen geschrieben haben, welche über eine Versetzung in die nächste Klasse entscheiden, werden sie in eine fünfwöchige Sommerpause entlassen. Die Menschen arbeiten weniger und die Kinder haben Schulferien. Ihre Ferien verbringen die meisten Schüler bei Verwandten. Die Freizeit wird von vielen Einwohnern mit der Pflege der sozialen Kontakte verbracht, man trifft sich mit Verwandten, doch spätestens ab Weihnachten wird richtig gefestet.

Während viele Deutsche das Weihnachtsfest im engen Kreis der Familie ab „Heilig Abend“ feiern, so wird hier am 25. Dezember gefeiert. Mein Weihnachtsfest beginnt mit einem ausgiebigen Frühstück am Morgen. Statt dem gewohnten Toastbrot wird jeweils ein halber Fisch, frittierte Kartoffeln und vieles mehr aufgetischt.

Um es in den Worten eines Einheimischen zu sagen, geht es an Weihnachten darum glücklich zu sein. Dennoch spielt auch der kirchliche Aspekt eine Rolle.

Um mir selbst einen Eindruck zu verschaffen, besuche ich gemeinsam mit meiner Gastfamilie den morgendlichen Gottesdienst – auch hier wird die „african time“ gelebt, denn der Pfarrer kommt zwei Stunden zu spät.
Anschließend gehen wir gegen Mittag zügig zum Feiern über. Wir ziehen von Haus zu Haus und es wird ausgiebig gegessen und getrunken.

Eng verbunden mit dem ganzen Feiern, führt der bei den Meisten hohe Alkoholkonsum zu negativen gesundheitlichen Folgen. Viele klagen an den folgenden Tagen über Sodbrennen, doch gerade die Auswirkung auf Dauer wird meist vernachlässigt. Besonders bei den Männern geht das Trinken sichtbar über die Partys, sowie über die „Festive Season“ hinaus.

Schon früh morgens sieht man häufig Männergruppen (1) an den Local Shops sitzen. Das führt dazu, dass der ein oder andere vormittags komplett betrunken durch die Straßen torkelt. Zwar habe ich mich an das Bild mittlerweile so gut es geht gewöhnt, jedoch gilt das nicht für die Hintergründe des Konsums.

Auch in Europa ist Alkohol als Gesellschaftsdroge etabliert, doch hat es nicht das gleiche Ausmaß. Dennoch ist es auch in Europa enorm wichtig in Richtung eines noch bewussteren Konsums zu gehen – das gilt nicht nur für Alkohol. Darunter verstehe ich ein transparentes Produkt bezogen auf die Herstellung, Inhaltsstoffe und Lieferketten. Doch auch eine gesellschaftliche Aufklärung über die Folgen dieses Güterkonsums ist wichtig.

Im Ländervergleich zwischen Deutschland und Südafrika ist der Unterschied weitestgehend an folgenden Aspekten festzumachen.
Einerseits herrscht in Deutschland ein relativer Wohlstand, so dass der durchschnittliche Bürger sich nicht so viele Sorgen um die Finanzierung von Grundbedürfnissen machen muss. Eng verknüpft damit ist auch die Rollenverteilung in vielen südafrikanischen Familien, der Mann ist für das Einkommen und die Frau für den Haushalt verantwortlich.

So kann man durchaus einen Zusammenhang zwischen dem Konsum erkennen. Zudem ist die Arbeitslosenquote mit einem Wert von 30 Prozent sehr hoch, was die Schwierigkeit einen sicheren Job zu bekommen nicht unterstützt.
Zum Anderen gibt es im ländlichen Bereich nahezu ausschließlich „Local Shops“, die Nachfrage wird von Alkohol dominiert und nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage wirkt sich das auch auf das Produktangebot aus.
Nicht zu vergessen sind auch die weiteren Inhaltstoffe von Bier, neben dem Alkohol. Die hier übliche Flaschengröße für Bier ist 0,7 l, ein Bier enthält demnach etwa 300 flüssige Kalorien. Da die meisten Männer ziemlich körperlich für ihr geringes Einkommen arbeiten, hat der Körper einen hohen Kalorienbedarf.

Betrachtet man die Statistik, so trinken Südafrikaner pro Kopf durchschnittlich im Jahr fast dreimal so viel wie die Deutschen. Die Folgen sind erheblich. Todesfälle auf Südafrika´s Straßen können zu 58 Prozent auf Alkohol Konsum zurückgeführt werden. Es gibt eine enge Verbindung zwischen sozialer Benachteiligung und Alkoholkonsum. So wird in unteren Einkommensschichten exzessiver getrunken, bemerkbar macht sich das, wenn Leute ein alkoholisches Getränk trinken, obwohl es ihnen eigentlich gar nicht schmeckt.

Auch der Regierung ist das Problem bekannt, denn im weltweiten Ländervergleich sind Südafrikas Werte erschreckend hoch. Sie versuchte während der Corona-Pandemie mit Maßnahmen dem Konsum entgegenzuwirken, so durfte Alkohol von Montag bis Donnerstag nur zwischen 10 und 18 Uhr verkauft werden.

Kindergarten

Wie auch in Deutschland gibt es hier verschiedene Bildungsangebote, bzw. Bildungseinrichtungen nach Alter. Doch besonders ist hier, dass aufgrund der elf amtlichen Landesprachen (2) schon früh auf das Erlernen von Englisch gesetzt wird. So lernen die Kinder hier in Isithumba schon im Alter unter 4 Jahren einfache englische Phrasen.

Ab Mitte Januar startet die Schule, somit betrifft das auch alle Erstklässler. Zudem hatte ich die Ehre an der Verabschiedungsfeier der jetzigen Erstklässler teilnehmen. Neben Essen gab es auch eine Vorstellung des im Kindergarten erlernten Wissens. Darunter wurden Tänze aufgeführt, Lieder gesungen, aber auch das Alphabet, Körperteile, Jahreszeiten und Farben aufgezählt. Nicht zu vergessen dass sich jedes Kind selber vorstellte und viele weitere Dinge, dabei wurde alles in den Sprachen isiZulu und Englisch von den Kindern dargeboten.

Tholah ist die Leiterin des größten Kindergartens in der Umgebung und Teil meiner Gastfamilie. Die Einrichtung liegt nur etwa 300 Meter entfernt von meiner Unterkunft. So besuchte ich den Kindergarten schon einige Male während dort noch Betrieb war.

Hier lernen die Heranwachsenden schon viel im Kindergarten, der Kostenbeitrag der Eltern hierfür ist gering. Im Tagesablauf enthalten sind drei Mahlzeiten, darunter Frühstück, einen kleiner Snack mit Obst und ein Mittagessen. Auf der Betreuungsseite sorgen sich fünf Erzieherinnen um die etwa 80 Kinder im Alter von bis zu vier Jahren.
In anderen Kindergärten, von welchen es einige gibt, sieht der Tagesablauf anders aus.

Gerade der Besuch einer Bildungsstätte in jungem Jahren, verknüpft mit der Möglichkeit gemeinsam mit Gleichaltrigen zu spielen, ist zentral für die Entwicklung eines Kindes, einer Generation und einer Gesellschaft. Da die Regierung aber nur sehr begrenzt Unterstützung und finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, ist es sehr schwer dieses Angebot aufrecht zu erhalten. Außerdem wurden die finanziellen Mittel im Dezember 2023 eingestellt und bleiben aufgrund eines Zuständigkeitswechsels bis auf weiteres aus.



(1) Damit gemeint sind Gruppen die sich vorwiegend aus Einheimischen, aber auch durchreisenden Bewohnern aus naheliegenden Dörfern, zusammensetzen.

(2) Es sind folgende: Englisch, Afrikaans, isiZulu, Siswati, Süd-Ndebele, Sesotho, Nord-Sotho, Xitsonga, Setswana, Tshivana und isiXhosa.      Spannend ist, dass sich die Einwohner Südafrikas untereinander trotz verschiedener Sprachen verstehen und verständigen können. Hier in Isithumba führt man es darauf zurück, dass traditionellen Sprachen von der dort gesprochenen und in Südafrika weitest verbreiteten Sprache isiZulu (kurz Zulu) abstammen. Historisch gilt das als nicht eindeutig geklärt.

12.01.2023